Wann steht mir eine Abfindung zu?
Der Mythos Abfindung im Arbeitsrecht
Eine Abfindung ist im Arbeitsrecht regelmäßig eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, die dazu dient, die mit der Kündigung verbundenen finanziellen Nachteile des Arbeitnehmers auszugleichen. Eine Abfindung steht also immer im engen Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Es gehört aber zu den größten Fehlannahmen unter den Arbeitnehmern, dass es einen gesetzlichen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber gibt. Einen solchen Anspruch gibt es nicht.
In keiner arbeitsrechtlichen Norm ist der Anspruch auf eine Abfindung im Falle einer Kündigung geregelt oder garantiert. Allerdings ist es die gängige arbeitsrechtliche Praxis in Deutschland, dass im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung ohne das Bestehen von Kündigungsgründen eine Abfindung gezahlt wird. Durch die Zahlung einer Abfindung kann der Arbeitgeber erreichen, dass er den Arbeitnehmer nicht mehr weiterbeschäftigen muss.
Auch möchten viele Arbeitgeber durch einen Abfindungsvergleich das Risiko vermeiden, dass sie den Arbeitsgerichtsprozess verlieren und den „ungeliebten“ Arbeitnehmer dann weiter beschäftigen sowie Verzugslohn nach § 615 BGB an ihn zahlen zu müssen. Auch für den Arbeitnehmer ist es natürlich unangenehm, nach einem Arbeitsgerichtsprozess weiter in dem Betrieb tätig sein zu müssen. Daher ist die Vereinbarung eines Abfindungsvergleiches gängige Praxis. Mit der Zahlung eines Abfindungsvergleiches werden in der Regel alle zwischen den Parteien noch offenstehenden Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten.
Weitere bindende Vorschriften für die Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber
- wenn ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde, sei es gerichtlich oder außergerichtlich, geht dieses in der Regel auch mit einem Abfindungsvergleich einher. In diesem Fall ist die vereinbarte Abfindung zwingend durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer zu zahlen.
- wenn im Arbeitsvertrag eine Abfindung vorgesehen ist.
- wenn ein Fall des § 1a Kündigungsschutzgesetz (kurz KSchG) vorliegt, hat der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber einen Abfindungsanspruch beim Vorliegen einer betriebsbedingten Kündigung. In diesem Fall muss durch den Arbeitgeber ebenfalls eine Abfindung gezahlt werden. Das Angebot der Zahlung einer Abfindung muss in diesen Fällen durch den Arbeitgeber bereits in der Kündigungserklärung vorgenommen werden. Die Abfindung wird in diesen Fällen aufgrund des Entgegenkommens des Arbeitnehmers gezahlt, dass dieser auf die Erhebung einer (möglichen) Kündigungsschutzklage verzichtet.
- wenn das Arbeitsverhältnis durch ein sogenanntes Auflösungsurteil des Arbeitsgerichtes erfolgt. In diesen Fällen wird die Unzumutbarkeit festgestellt wird, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, kommen die §§ 9 und 10 Kündigungsschutzgesetz zum Tragen. Auch in diesem Fall muss eine Abfindung durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlt werden.
- neben einer Abfindung bei einer Kündigung eines Arbeitnehmers mit gültigem Tarifvertrag löst auch die Vereinbarung eines Sozialplanes durch die Tarifparteien im Falle einer Betriebsaufgabe und bei betriebsbedingten Kündigungen den Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung aus.
- ein Sonderfall ist es, wenn das Betriebsverfassungsgesetz zur Anwendung kommt und dann im Fall einer Kündigung der Anspruch auf einen Nachteilsausgleich des Arbeitnehmers gemäß § 113 Betriebsverfassungsgesetz (kurz BetrVG) festgestellt wird. Auch in diesem Fall entsteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber. Dieser seltene Fall tritt ein, wenn der Arbeitgeber bereits mit dem Verlagern oder Schließen eines Betriebes beginnt, obwohl erst Gespräche mit den Tarifpartnern vorgeschrieben sind (zum Beispiel durch Vereinbarung eines Sozialplanes). Der Arbeitgeber schafft praktisch vorab Fakten und wird dafür entschädigungspflichtig gegenüber dem jeweiligen Arbeitnehmer.
- wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber berechtigt fristlos kündigt, kann ihm eine Abfindung nach § 628 BGB zustehen.
- ein Abfindungsanspruch kann dem Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber auch aus betrieblicher Übung oder aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zustehen.
Die Höhe der Abfindung
Es gibt ebenso wenig, wie einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung, auch keine konkrete Höhe der Abfindung durch eine gesetzliche Regelung. Die Höhe einer Abfindung kann frei zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber verhandelt werden. In der Regel zahlt der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine Abfindung nach der Formel: pro Beschäftigungsjahr ein 1/2 durchschnittliches Monatsgehalt. Teilweise auch nur 1/3 Montagsgehalt. Generell hängt die zu zahlende Abfindung vom Alter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers ab. Die Abfindung kann bei langer Betriebszugehörigkeit zwischen 12 bis 18 durchschnittlichen Monatsgehältern betragen. Manche Tarifverträge sehen eine Berechnungsformel für zu zahlende Abfindungen vor. In diesen Fällen darf die vom Arbeitgeber zu zahlende Abfindung nicht niedriger sein, kann aber höher ausgehandelt werden.
Eine Abfindung stellt kein Arbeitsentgelt dar, sondern eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers. Ganz wichtig ist für den Arbeitnehmer, dass auf die Abfindung keine Sozialabgaben fällig werden. Es werden folglich weder Rentenbeiträge noch Abgaben für die Kranken- und Pflegeversicherung oder die Arbeitslosenversicherung abgezogen. Auch darf die Abfindung in der Regel nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden. Auch darf es keine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld geben. Das gilt aber nur, wenn eine Kündigung durch den Arbeitgeber erfolgte und die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitnehmers eingehalten wurde. Sonst ruht der Anspruch der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitslosengeld bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Bei einem Aufhebungsvertrag auf Wunsch des Arbeitnehmers kann eine Sperre erfolgen, weil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihm ausging.
Der Freibetrag für Abfindungen nach § 3 Nr. 9 EStG ist ab dem 01.01.2006 entfallen. Die Abfindung ist als Einnahme steuerpflichtig. Abfindungen können aber nach § 24 Nr. 1 a, § 34 I, II EStG als außerordentliche Einkünfte steuerbegünstigt sein. Zur Entlastung des Arbeitnehmers kann er jedoch die sog. Fünftelregelung für sich bei der Besteuerung der Abfindung in Anspruch nehmen. Das bedeutet, dass die Abfindung auf einen Zeitraum von 5 Jahren steuerrechtlich rückwirkend wirksam wird. Für diese dann anfallenden steuerpflichtigen Einnahmen muss der Arbeitnehmer dann Lohnsteuer anteilig nachzahlen. Unter Umständen kann mit dem Arbeitgeber auch die Auszahlung der Abfindung in Raten für die nächsten Jahre vereinbart werden, um die Steuerlast zu reduzieren. Dieses Verfahren kann unter Umständen aber Auswirkungen auf die Anwendung der Fünftelregelung haben und sollte daher genau vorab durchgerechnet werden.
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